Achtsamkeitsmeditation: ein Leitfaden

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass Meditation von einigen Menschen erreicht werden kann, aber für andere zu schwierig ist. Das ist nicht wahr. Genau wie die Fähigkeit, achtsam zu sein, kann jeder Mensch meditieren, und es kann für jeden eine große Hilfe sein – ganz gleich, wie seine persönliche Situation ist.

Jeder ist in der Lage, seine Gedanken oder seinen Atem zu beobachten. Jeder ist in der Lage, sich auf das Entstehen und Vergehen seiner inneren Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen zu konzentrieren oder offen für die Wahrnehmung äußerer Ereignisse zu sein.

Es erfordert jedoch ein gewisses Maß an Geduld und Engagement, was manchmal schwierig ist, besonders wenn wir während der Meditation auf unsere mentalen Muster stoßen, die oft „negative“ innere Zustände wie Langeweile, Wut oder Unruhe erzeugen.

Es ist nicht immer leicht, diesen Dingen ins Auge zu sehen, wenn sie während der Meditation auftauchen. Aber gerade indem wir diese Zustände innerlich beobachten und dadurch mit ihnen arbeiten, bieten sich Gelegenheiten, mit ihnen weise und mitfühlend umzugehen.

Erste Schritte…

  • Versuche jeden Tag eine feste Zeit zu wählen, zu der du dich – mit dir – zur Meditationspraxis verabreden möchtest. Wenn man neue Gewohnheiten etabliert, ist es hilfreich, sie an bereits bestehende direkt anzuknüpfen, wie z.B. Gleich nach dem Zähneputzen oder dem Kaffeetrinken usw. 
  • Stelle dir für die Zeit, die du meditieren möchtest (10-15min für die erste Praxis in diesem Kurs), einen Alarm auf dem Handy ein oder benutze eine Meditations-App (z.B. InsightTimer). 
  • Wähle zu Hause einen Ort, an dem du ruhig, warm und bequem meditieren kannst, an dem du dich sicher fühlst, einen Platz, an dem du dich wirklich gerne in Ruhe hinsetzt.
  • Wenn du den Eindruck hast, dass es einen solchen Ort geben könnte, aber bestimmte Dinge dich dort noch immer stören, schau wie du diesen Raum noch entsprechend verändern kannst. Viele Menschen finden, dass es ihre Meditationspraxis unterstützt, wenn dieser Ort sauber und ordentlich ist. Es kann sich auch einladend anfühlen, wenn du eine Kerze, eine Pflanze oder Blume oder etwas anderes an diesen Ort hinstellst. Etwas das dir ein gutes Gefühl gibt und eine unterstützende Atmosphäre für deine Meditationspraxis schafft.
  • Meditieren Sie am besten in lockerer und bequemer Kleidung, die den Atem erlaubt völlig frei fließen zu können. Sorge dafür, so gut wie es eben geht, dass du während der Zeit, in der du meditieren möchtest, nicht durch das Telefon, Familienmitglieder oder Haustiere gestört wirst. Da das Leben dazu neigt, mit oder ohne unser Beitragen sein Ding zu machen, kann es vorkommen, dass du trotz deiner Bemühungen unterbrochen wirst, und wenn das der Fall ist, versuche, achtsam zu bleiben und dir deiner inneren Reaktion auf diese „Störungen“ bewusst zu werden.

Meditationshaltung: grundlegende Richtlinien

Eine stabile, sichere Basis haben.

Bequem sitzen. 

Wachsam und entspannt sein.

Es ist möglich in jeglicher Haltung zu meditieren und macht daher keinen Unterschied ob du auf einem Stuhl sitzt, auf einem Kissen oder einem Meditationsbänkchen. Es folgen ein paar Hilfestellungen zu den verschiedenen Sitzmöglichkeiten.

Auf einem Stuhl sitzen:

  • Verwende einen Stuhl mit gerader Rückenlehne, keinen Sessel, bei dem die Beine in einem 90-Grad-Winkel zwischen Sitz und Boden stehen können. 
  • Stelle die Füße flach auf den Boden. Wenn der Stuhl zu hoch ist, kannst du dir eine Decke oder ein Kissen unter die Füße legen. 
  • Wenn du dich an die Stuhllehne anlehnen möchten, setze dich mit dem Becken so weit wie möglich nach hinten, so dass der Rücken vollständig aufgerichtet ist.
  • Die andere Möglichkeit, die eher zu empfehlen ist, besteht darin, weiter vorne auf der Sitzfläche, weg von der Lehne, zu sitzen, so dass sich die Wirbelsäule auf natürliche Weise aufrichten kann.
  • Achte auf einen guten Kontakt zum Boden, damit sich das Becken vollständig absetzen und die Wirbelsäule sich ohne Anstrengung nach oben ausrichten kann.

Kniend auf dem Meditationskissen oder einer Meditationsbank:

  • Die Fußrücken liegen parallel zueinander, die Sohlen zeigen nach oben, Oberschenkel und Knie zeigen gerade nach vorn. Das Gesäß wir vom Kissen getragen, das zwischen den Füßen auf dem Boden liegt. 
  • Beim Sitzen auf einer Meditationsbank sind die Füße unter der Bank nach hinten gerichtet.

Varianten des Sitzens im Schneidersitz auf einem Kissen:

  • Klassisch mit gekreuzten Beinen, Füße quer unter die Knie ziehen. Links über rechts oder rechts über links. 
  • Für eine leichte Position im Schneidersitz ziehe die Fersen zu dir heran, so dass eine Ferse vor der anderen liegt. Je nach Körperkomposition ist es auch möglich, dass die vordere Ferse vor dem Schienbein zu liegen kommt.
  • In der halben Lotusstellung kreuze ein Bein und heben den anderen Fuß mit der Fußsohle nach oben auf den Oberschenkel. Lass das Knie dieses Beins so weit wie möglich auf den Boden sinken.
  • In der vollen Lotusstellung wird der zweite Fuß ebenfalls in den anderen Oberschenkel geklemmt, so dass sich die Unterschenkel sich überkreuzen. Aber das ist für die Meditation wirklich nicht notwendig, und bitte überanstrengen dich nie, um in eine dieser Positionen zu gelangen. 
  • Bei allen Sitzhaltungen mit gekreuzten Beinen ist es wichtig, dass du darauf achtest, dass die Knie mindestens genauso tief sind, besser etwas tiefer als die Hüftgelenke, denn nur dann können sich Becken und Wirbelsäule ohne Probleme aufrichten. Setz dich deshalb am besten auf den Rand des Kissens.

Atmungsmeditation 

Dich Einrichten

1. Wähle eine bequeme Sitzposition ein, entweder auf einem Stuhl oder auf dem Boden, wobei das Gesäß von einem Meditationskissen oder einer Meditationsbank unterstützt wird. Experimentiere gerne mit der Höhe der Kissen oder des Hockers, bis du dich bequem und sicher getragen fühlst. 

2. Erlaube dem Rücken, eine aufrechte, würdevolle und bequeme Haltung einzunehmen. Wenn du auf einem Stuhl sitzt, lass die Füße flach auf dem Boden stehen, wobei die Beine nicht überkreuzt sind. Lege die Hände sanft auf die Oberschenkel. Schließe sanft die Augen, wenn sich das angenehm anfühlt. Wenn nicht, richte den Blick entspannt auf den Boden, etwa 2 m von dir entfernt.

Bewusstsein des sitzenden Körpers

3. Richte deine Aufmerksamkeit auf die körperlichen Empfindungen, indem du die Berührungs-, Kontakt- und Druckempfindungen des Körper wahrnimmst an den Stellen an denen er mit dem Boden oder der Unterlage, auf der du sitzt, in Berührung kommt. Verbringe ein oder zwei Minuten damit, diese Empfindungen zu erforschen.

Konzentration auf die Empfindungen des Atmens 

4. Bringe nun die Aufmerksamkeit auf den Atemzyklus und finde die Stelle in deinem Körper, an der du den Atem heute am stärksten oder angenehmsten spüren kannst. Das können die Nasenlöcher, der Brustkorb oder der Unterbauch sein, und beobachte einfach, wie der Atem in diesem Körperteil ein- und ausströmt, so wie wir es schon während des Kurses getan haben. 

5. Beobachte, so gut du kannst, mit wachem Bewusstsein die wechselnden körperlichen Empfindungen während der gesamten Dauer des Einatmens und der gesamten Dauer des Ausatmens, wobei vielleicht die kleinen Pausen zwischen einem Einatem und dem folgenden Ausatem und zwischen einem Ausatem und dem folgenden Einatem zu bemerken sind. 

6. Es besteht keine Notwendigkeit, zu versuchen, die Atmung in irgendeiner Weise zu kontrollieren – lass den Atem ganz natürlich fließen. So gut du kannst, bringe während jeder Meditation eine freundliche Haltung der Akzeptanz zu deiner Erfahrung – es gibt nichts zu fixieren, keinen bestimmten Zustand zu erreichen – einfach zulassen, dass deine Erfahrung eben deine Erfahrung ist, ohne dass sie anders sein muss, als sie ist.

Und wenn der Geist wandert? 

7. Früher oder später (in der Regel früher) wird der Geist vom Fokus auf den Atem zu Gedanken, Planung, Tagträumen wandern oder diese Erfahrung beurteilen – wo auch immer der Geist hingeht – das ist völlig in Ordnung – es ist einfach das, was unser Geist tut – es ist kein Fehler oder Misserfolg. Sobald du bemerkst, dass die Aufmerksamkeit nicht mehr auf den Atem gerichtet ist, kannst du dir gratulieren – du bist zurückgekommen und bist dir deiner Erfahrung wieder bewusst! Dann begleite die Aufmerksamkeit sanft zurück zu den Atemempfindungen in dem Körperteil, den du ausgewählt hattest, und erneuere die Absicht, diesem Einatmen oder diesem Ausatmen Aufmerksamkeit zu schenken, je nachdem, welcher der beiden bei deiner Rückkehr gerade hier ist. 

8. Wie oft du auch bemerkst, dass der Geist gewandert ist (und das wird wahrscheinlich immer und immer und immer wieder passieren), beglückwünschen dich jedes Mal, dass du jetzt in diesem Moment wieder wach und achtsam bist und erkenne nur kurz an, wo der Geist gewesen ist, dann bring die Aufmerksamkeit sanft zurück zum Atem und verfolge einfach wieder die sich verändernden Muster der körperlichen Empfindungen, die mit jedem Einatmen, mit jedem Ausatmen einhergehen. 

9. Du kannst eine Qualität von liebevoller Freundlichkeit in dein Gewahrsein einladen und vielleicht die wiederholten Wanderungen des Geistes als Gelegenheit sehen, Geduld und sanfte Neugier für diese Erfahrung aufzubringen.

Einfach 10min dabei bleiben…

10. Fahre mit der Praxis für 10 Minuten fort, oder länger, wenn du das willst, und erinnere dich vielleicht von Zeit zu Zeit daran, dass die Absicht einfach darin besteht, sich deiner Erfahrung in jedem Augenblick so gut wie möglich bewusst zu sein und den Atem als Anker zu benutzen, um sich jedes Mal, wenn du bemerkst, dass der Geist gewandert ist und dem Atem nicht mehr folgt, sanft wieder mit dem Hier und Jetzt zu verbinden.